Editorial zum Sommerheft 2012
Kaum haben neue Technologien wie Pedelecs, Fahrrad-Navis, aber auch steigende Benzinpreise zu einem Anstieg des Fahrradverkehrs in den Städten geführt, entbrennt eine Debatte über die Sicherheit von Radwegen. Wie marode muss ein Radweg sein, damit Verkehrsplaner und Ordnungsbehörden einsehen, dass holprige, zu schmale, zugewachsene oder einfach unübersichtliche Radwege kein Mehr an Sicherheit bieten und den Fahrradverkehr mehr behindern als fördern? Leider verfallen auch viele Eltern in die Argumentation: „Wenn mein Kind an der XY-Straße oft durch aufklappende Autotüren gefährdet wird, muss da (auch noch) ein Radweg hin“. Ein Radweg womöglich, auf dem das Kind an der nächsten Einmündung von einem abbiegenden Auto übersehen wird? Was ist daran fahrradfreundlich?
Andreas Domanski
Sie werden immer mehr. Innerhalb weniger Jahre ist die Zahl der Teilnehmer an der Fahrradsternfahrt nach Düsseldorf von einigen hundert auf mehrere tausend (Schätzungen gehen bis 4000) angewachsen. Diese Entwicklung setzt ein starkes Signal. Die Fahrraddemonstranten kommen aus der ganzen Region in die Landeshauptstadt. Sie fordern mit dem ADFC menschenfreundlichere Städte mit mehr Rücksicht im Verkehr und weniger Lärm und Abgasen. Sie fordern Tempo 30 und Radwege auf der Fahrbahn, damit die Bürgersteige wieder den Fußgängern gehören.
Zur gleichen Zeit sind Signale aus dem Bundesverkehrsministerium zu vernehmen, dass Radverkehr eine prima Sache sei, in welche vor allem die Länder und Kommunen stärker investieren sollen, und dass der Bund seine entprechenden Mittel kürzen will. Dann werden Ausbau und Pflege der Radverkehrs-Infrastruktur vollends Länder- und Gemeindesache. Deren Kassen sind aber leer. Was nun?
Muss der ADFC seine Forderungen jetzt wieder einpacken? Nein! Im Gegenteil: Tempo 30, Radfahrstreifen, Angebotsstreifen, Aufstellflächen an Kreuzungen und fahrradfreundliche Ampelschaltungen sind viel billiger zu haben als aufwendig gestaltete Bordsteinradwege. Sie sind auch sicherer, deshalb geben moderne Regelwerke wie die „Empfehlungen für Radverkehrsanlagen“ ERA 2010 der Fahrbahn klar den Vorzug vor dem Bürgersteig.
Auch im ländlichen Raum mit seinen vielen außerörtlichen Straßen wird man umdenken müssen. Kürzlich wollte der Rhein-Kreis Neuss auf einer vielbefahrenen Kreisstraße die breiten Mehrzweckstreifen kostengünstig mit Markierungen und Leitpfosten in Radwege umwandeln. Der Landesbetrieb Straßen verlangte aber bauliche Maßnahmen, jetzt wird das das Projekt doppelt so teuer und für einen zweiten Radweg fehlt das Geld. Liebe Politiker: Warum reduziert Ihr nicht erst mal das Tempo? Die vielen kurzen Schnellfahrstrecken auf Landstraßen bringen kaum Zeitgewinn und gehen auf Kosten der Sicherheit. Schafft sie ab, es wäre ein Schritt in Richtung auf die gelassene Fahrkultur mit partnerschaftlichem Nebeneinander von Auto und Fahrrad wie nebenan in den Niederlanden.
Heribert Adamsky