Tradition im Gepäck: „Courre-a-miau“ kehrt heim

Eine Städtepartnerschaft lebt, wenn die Bürger mitmachen. Sechs Radfahrer aus Grevenbroich machten begeistert mit und haben eine Holzkatze 1100 Kilometer weit nach Saint-Chamond gefahren. Lesen Sie hier, was es mit der geheimnisvollen Katze auf sich hatte. Ein Gastbeitrag von Margret Streese

ne_reise_P1050121Wenn ich nur einen einzigen Grund hätte nennen sollen, um diese Fahrt zu machen, es wäre der überwältigende Empfang in Saint-Chamond gewesen! Es ist schon sehr anrührend, wenn etwa 200 Menschen begeistert Beifall klatschen und fröhlich lachend Spalier bilden. Sogar eine Eskorte von 10 Rennradlern hatte man uns entgegen geschickt, die uns durch den Feierabendverkehr bis zum Ziel unserer 1.100-Kilometer-Tour direkt zum Park und Chateau Jarez lotsten – Begrüßung durch den Bürgermeister, Essen und Trinken inklusive.

Unser offizieller Auftrag

ne_reise_P1050300Dabei gab es noch soviel mehr Gründe für diese wirklich außergewöhnliche Reise – aber jetzt mal von Anfang an: Die offizielle Mission und Idee von Partnerschaftsverein und ADFC war eine Holzkatze, seit dem Mittelalter Symbol unserer französischen Partnerstadt Saint-Chamond, vom Schreibtisch unserer Bürgermeisterin wieder zurück in ihre Heimatstadt zu bringen. Die Katze war im vorigen Jahr durch eine Läuferstaffel im Zeichen der partnerstädtischen Freundschaft nach Grevenbroich gebracht worden und sollte stilvoll wieder zurückkehren. Und stilvoll bedeutet hier: allein durch Muskelkraft, ohne Motor.
So fanden sich also Bannerträger der deutsch-französischen Freundschaft und fortgeschrittene Freizeitradler, insgesamt sechs Personen und alle ADFC-Mitglieder, um dieses Projekt gemeinsam anzugehen. Zweihundert Euro von der Sparkassenstiftung halfen bei der Vorbereitung. Ein Jahr brauchte Tourenleiter Heiko Fiegl, um eine Route mit möglichst viel Natur und am besten gar keinem Autoverkehr zu planen. Und damit sind wir bei einem weiteren Grund für diese Reise: der wunderschönen Strecke, die schließ- lich 300 Kilometer länger war als die kürzeste Autostrecke.

ne_reise_P1050175Sie begann, begleitet von guten Wünschen unserer Frau Bürgermeisterin Kwasny, auf dem Grevenbroicher Marktplatz, führte entlang der Erft bis hoch zu ihrer Quelle bei Bad Münstereifel, entlang der Kyll, ein großes Stück entlang der Mosel, zwar auch durch Städte wie Metz und Nancy, aber immer entlang eines grünen Streifens, über mehrere Wasserscheiden an die Saône und danach an die Loire. Was jetzt nach schlichter Aufzählung klingt, war in der Tat ein einmaliges Erlebnis. Schließlich verbergen sich dahinter Landschaften wie aus dem Bilderbuch: unsere Eifel, die Champagne, das Beaujolais, das Burgund, manches Mal hinter dichten Regenschleiern verborgen, dann wieder von Sonne überstrahlt, ab und zu auch keines Blickes gewürdigt, wenn der Gegenwind gar zu heftig wehte und manch leiser Fluch unseren Lippen entschlüpfte. Aber selbst diese Tage waren am Ende wundervoll und konnten als Erfolg verbucht werden – nicht zuletzt wegen des Sieges über den „Inneren Schweinehund“ und weil wir es doch wieder geschafft hatten, unser sorgfältig geplantes Tagesziel zu erreichen. Denn die Hotels waren alle vorher gebucht.

Die Tage jedoch, an denen wir vom Rückenwind sanft durch die Landschaft geschoben wurden, die Sonne im Rücken, wo die berühmten Charolais-Rinder und friedlich grasende Ziegen und Schafe wie weiße Tupfer zwischen den Blumen auf den saftigen Wiesen ein Idyll boten, das auf einer Postkarte geradezu kitschig aussähe, an solchen Tagen hätte jeder von uns die Welt umarmen können!

Wenn der nächste Hügel zum Mount Everest wird

All das – die Strapazen der vielen Kilometer, das anfangs ziemlich grimmige Wetter, aber auch die schiere Lebensfreude, wurde am Ende des Tages immer gekrönt mit einem herrlichen Abendessen und den dazu gehörigen Flüssigkeiten, auf die ich hier nicht weiter eingehen will, denn die Landschaftsnamen sprechen für sich.

Noch mehr Gründe für dieses Unternehmen, das beim Erzählen  im Bekanntenkreis auch einiges Kopfschütteln hervorrief, sind: Das Erlebnis, wie eine kleine Gruppe Gleichverrückter zu wirklichen Kameraden zusammen wächst. Menschen, die bei den urigen Picknicks irgendwo zwischen Wegesrand und Wildnis auch noch das letzte Stück Baguette und die Ecke Camembert teilen und wo jeder bei jedem abbeißen und probieren darf. Kameraden, die auch mal Trost spenden, wenn der gerade zu erklimmende Hügel sich wie der Mount Everest anfühlt. Die Tipps geben und Verständnis haben, wenn die Laune mal im Keller hängt.

ne_reise_P1050571Am Ende jeder Etappe dann, beim ersten Glas Bier, Pastis, Kir oder Wein, wurde all dies haarklein durchgesprochen und die nächsten Herausforderungen anvisiert, Karten ausgebreitet, kommentiert und bewertet, bevor der Tag regelmäßig im mittelschweren Erschöpfungskoma endete und die erradelten Wege in die Träume übernommen wurden. Vielleicht war das oft zitierte, aber hier wirklich „erfahrene“ Gruppenerlebnis tatsächlich das schönste an unserer Reise. Vielleicht? Ach, ich bin mir sicher! Und selbstverständlich haben wir auch unsere Mission erfüllt und Courre-a-miau wohlbehalten bei Bürgermeister Monsieur Kizirian in Saint-Chamont abgeliefert!

Mehr Bilder von der Reise finden Sie unter www.adfc-grevenbroich.de.

Dieser Beitrag wurde unter Ausgabe 3 / 2012, Rhein-Kreis Neuss veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

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