Bürgerbeschwerden häufen sich in Krefeld und die Radwegebenutzungspflicht bröckelt.
Wenn neue Gesetze in Kraft treten, müssen sie auch eingehalten bzw. umgesetzt werden – ob man die neuen Regeln für sinnvoll hält oder nicht. Verstoßen Bürger dagegen, bekommen sie – trotz Widerspruchsmöglichkeiten – den starken „Arm des Gesetzes“ zu spüren.
Umgekehrt ist dies offenbar anders: Bereits seit 1.9.2009 sind in der Verwaltungsvorschrift zur StVO höhere Qualitätsanforderungen für Radverkehrsanlagen definiert. Viele Stadtverwaltungen (nicht nur in Krefeld) kommen mit der Umsetzung nicht voran. Begründet wird dies in der Regel mit Geld- und Personalmangel. Kein Wunder, denn die rechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der geänderten Vorschriften kommt in den Haushaltsdebatten meistens gar nicht zur Sprache. Vielmehr werden nur die früher schon zu geringen Mittel für die Unterhaltung und Sanierung von Radverkehrsanlagen fortgeschrieben oder gar gekürzt. Argumentiert wird häufig damit, dass man zusätzliches Geld für gesetzeskonforme Radverkehrsanlagen doch nicht von der Finanzierung der Kindertagesstätten oder Schulen abziehen könne. Bei dieser Argumentation wird aber unterschlagen, dass es noch viele andere Haushaltsposten gibt, die mit Verkehr… und Straßen… beginnen. Von der allgemeinen Straßenunterhaltung kann sehr wohl ein angemessener Anteil für den Fahrradverkehr umgewidmet werden – wenn die Gemeindeparlamente denn so entscheiden würden.
Finden die Parlamentarier keinen Ausweg aus dieser Situation, wird es zunehmend Bürger- anträge zur Aufhebung von schlechten Radwegen geben. Diejenigen, die das finanzielle Risiko einer Klage vor dem Verwaltungsgericht scheuen, stimmen mit den Füßen ab und fahren heute schon auf der Straße.
Seltsamerweise beharren Polizei und Straßenverkehrsamt in den meisten Fällen auf dem Standpunkt, dass auch ein schlechter Radweg sicher ist, wenn man darauf nur langsam genug fährt. Die aktuelle Unfallentwicklung zeigt jedoch auch in Krefeld, dass die Gefahren vom Ein- und Abbiegeverkehr an Kreuzungen und Einmündungen ausgehen – unabhängig davon, ob dort ein Radweg ist oder nicht.
Fahrradfreundlich wäre es, wenn die Ordnungsbehörden in solchen Fällen vom Baulastträger eine Überprüfung der Benutzungspflicht oder – sofern die Notwendigkeit des Radwegs tatsächlich ohne jeden Zweifel ist – die schnelle Instandsetzung schadhafter Wege fordern würden.
Wo bleibt die fahrradfreundliche Haushaltsentscheidung?
Die eigentliche Weichenstellung für die Sanierung von schadhaften Radwegen erfolgt nicht im Tiefbauamt, sondern in den bevorstehenden Haushaltsberatungen. Wird der Etat für Unterhaltungsmaßnahmen nicht erheblich aufgestockt, vergrößert sich der Sanierungsstau unweigerlich. Für eine Stadt, die den Titel „fahrradfreundlich“ beansprucht und ein Radwegenetz von über 230 km hat, wäre ein Jahresetat von etwa 3 Euro / Einwohner angemessen. Das wären aktuell ca. 720.000 Euro statt der für 2012 bewilligten 200.000 Euro.
Wird die Radwegunterhaltung weiterhin auf „Sparflamme gekocht“, rückt eine Steigerung des Radverkehrsanteils in weite Ferne.