In ganz Deutschland hat der ADFC im November 2012 Radfahrende aufgerufen, die Fahrradfreundlichkeit ihrer Stadt mit Schulnoten zu bewerten.
Krefeld belegt dabei mit der Durchschnittsnote 4,17 unter den Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern auf Landesebene den neunten Platz und liegt bundesweit auf Platz 28 (von 38 gewerteten Städten). Dagegen schneiden Kempen mit einer Gesamtnote von 3,08 und Moers mit 3,58 noch „befriedigend“ ab. Nur Mönchengladbach schneidet am Niederrhein mit 4,52 deutlich schlechter ab als Krefeld. Eine Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Städte und Gemeinden in NRW (AGFS) ist also kein Garant dafür, dass Fahrradfahren in Krefeld ausschließlich Vergnügen bereitet.
Die Bewertungen in den einzelnen Kriterien zeigen, dass in Krefeld eine noch schlechtere Platzierung nur durch viele geöffnete Einbahnstraßen (Note 2,8), eine gute Erreichbarkeit des Stadtzentrums (2,94) und einen traditionell hohen Fahrradanteil (2,8) verhindert wurde. Bei vielen anderen Fragen hagelt es Vieren und Fünfen: Minuspunkte kassierte Krefeld vor allem bei den Ampelschaltungen (5,15), den Radwegoberflächen (5,23) und der Führung in Baustellenbereichen (5,07).
Die gute Bewertung von Kempen (bei allen Fragen mindestens eine Drei vor dem Komma) mag noch an der überschaubaren Größe der Stadt liegen. Aber auch Neuss kommt bei den meisten Fragen besser weg als Krefeld.
Das Image von Krefeld als Fahrradhochburg ist stark angekratzt. Das war bei den knappen Haushaltsmitteln für die Unterhaltung des umfangreichen, aber veralteten Radverkehrsnetzes kaum anders zu erwarten. Um das Prädikat „Fahrradfreundlich“ nicht ganz zu verlieren, müssen Politik und Verwaltung an einem Strang ziehen und eine Verkehrswende einleiten: Während der Radverkehrsanteil in Krefeld klar im zweistelligen Prozentbereich liegt, werden für Radverkehrsmaßnahmen nur Promillebeträge des Verkehrsetats aufgewendet. Nach Empfehlungen der AGFS sind jährlich etwa drei Euro pro Einwohner für die Unterhaltung von Radverkehrsanlagen einzuplanen. Das wären in Krefeld ungefähr 750.000 Euro. Tatsächlich sind gerade mal 200.000 Euro für den Doppelhaushalt 2013 / 2014 bewilligt. Nicht zuletzt angesichts dieser finanziellen Lage müsste auch die Aufhebung von Radwegen, die nicht mehr dem gesetzlichen Mindeststandard entsprechen, viel stärker voran getrieben werden.
Die Westdeutsche Zeitung hat dazu im Februar 2013 eine Online-Umfrage gemacht mit folgenden Ergebnissen:
- „In Krefeld kommt man mit dem Fahrrad schnell und sicher durch die Stadt.“ (6 % Zustimmung)
- „Die Radwege sind in einem so schlechten Zustand, dass man auf die Straße ausweichen muss.“ (57 %)
- „Ich fahre nicht Fahrrad in der Stadt. Das ist mir zu gefährlich.“ (21 %)
- „Wichtiger als die Sanierung der Radwege ist die Sanierung der Straßen.“ (16 %)
- Anzahl der Stimmen: 335
Hartmut Könner, Fachbereichsleiter des städtischen Tiefbauamts räumte ein, dass es zwar Hunderte sanierungsbedürftige Radwegabschnitte gebe, dass aber die vorhandenen Haushaltsmittel nur für die Sanierung von ein bis zwei Strecken und einzelner Gefahrenpunkte reichen. Er sieht vor 2015 keine Chancen auf eine Aufstockung des Etats. Radwegsanierung und Radverkehrsplanung dürften also ein heißes Thema in Vorfeld der Kommunalwahl 2014 werden, denn es sind dringend politische Entscheidungen für eine Verkehrswende pro Fahrrad notwendig. Und es wird Zeit, endlich Entscheidungen über die Aufhebung von maroden Radwegen zu treffen.