„komoot“-Mitgründer Tobias Hallermann im Gespräch mit Rad am Niederrhein
RaNR: Apps kennen alle, deren Entwickler wenige. Schön, dass du Zeit für uns hast. Wie hat das alles bei Euch angefangen?
Tobias Hallermann: Am 4. Juni hatten wir unser Vierjähriges. Los ging alles damit, dass wir damals das handelsübliche Navi meines Vaters bei uns im Allgäu in den Bergen ausprobiert haben. Wir sind Maschinenbauer, Physiker oder haben andere technische Studiengänge gemacht. Da haben wir uns gesagt: Das muss besser gehen. Und da wir davon ausgingen, dass bald alle ein GPS-fähiges Handy haben würden, war für uns eine App die Lösung.
RaNR: Geniale Ideen gibt‘s viele, aber meist fehlt das Geld für die Umsetzung …
Tobias Hallermann: Unsere Idee und unser Businessplan fand viel Zuspruch bei Existenzgründer-Wettbewerben. Am Ende setzten wir uns durch und erhielten DLR-Fördermittel in Form eines Exist-Stipendiums: Räume und drei Vollzeitstellen für ein Jahr! Es konnte losgehen. Heute haben wir 15 Angestellte. Unsere App wurde über eine Million Mal heruntergeladen!
RaNR: Eure App findet fast immer schöne Routen und nicht nur einfach den Weg. Wie macht ihr das?
Tobias Hallermann: Wir nutzen viele, aber ausgesuchte freie Datenquellen wie die Bilddatenbank Panoramio, Wikipedia und OpenStreetMap. Besonders zur OSM-Community haben wir ein gutes Verhältnis und unterstützen sie. Viele OSM-ler freuen sich auch, dass das in viel Kleinarbeit zusammengetragene Datenmaterial sinnvoll in einer schönen Anwendung genutzt wird.
RaNR: Was ist das Besondere an OSM?
Tobias Hallermann: In einem Satz: Mehr als eine Millionen Freiwillige vermessen die Welt und stellen das Ergebnis allen Menschen zur Verfügung. Jeder kann als Kartograph mitmachen! Wir setzen ganz bewusst auf OSM und nicht auf das teure Material zum Beispiel von Vermessungsämtern, denn wir wollen nicht nur die offiziellen Straßen, sondern auch die kleinen Wege und Pfade. Und OSM ist einfach aktueller.
RaNR: Und wie entsteht daraus nun eine sinnvolle Navigation?
Tobias Hallermann: Indem wir in einem ersten Schritt die verschiedenen Datenquellen miteinander in Einklang bringen. Das Geheimnis steckt dann aber in den Algorithmen – vereinfacht gesagt: in den Rechenprozessen –, die daraus deine schöne Route machen. Und wir lernen von den vielen tausend Nutzern, die ihre Touren aufzeichnen und uns dabei zeigen, was ihnen gefällt. Das alles hat etwas von Schwarm-Intelligenz.
RaNR: Vor wenigen Wochen hat Google die Fahrradnavigation eingeführt. Fürchtet ihr Googles Allmacht?
Tobias Hallermann: Tun wir nicht, denn Google und „komoot“ ergänzen sich eigentlich. Google ist mehr etwas für den Alltagsradler in der Stadt, der auf Straßen schnell von A nach B kommen will. Das können wir zwar auch, wenden uns aber mehr an die Leute, die in der Freizeit schöne Strecken fahren und dabei etwas erleben wollen. Und da greifen wir mit OSM auf das für diesen Zweck bessere Kartenmaterial zurück.