Seit Mitte Dezember fahren auf der S-Bahn-Linie 8 Mönchengladbach-Hagen die mit viel Vorschusslorbeeren angekündigten neuen Waggons. Und sie stehen in der Kritik, von allen Seiten hagelt es Mängellisten. Weniger Sitze, weniger Türen und die auch noch mit Stolperfallen. Unsere Autorin nutzt die S8 wochentäglich. Ein Erfahrungsbericht von BS.
Dass es erheblich mehr Verspätungen gab, seit die neuen Züge fahren – geschenkt. Es war Winter, Erdrutsch in Wuppertal, Baustellen – kann passieren. Aber dass Stufen oft nicht ausfahren, weil die alten Bahnsteighöhen vielerorts nicht passen, ist ein Planungsfehler und es wird Jahre dauern, bis die Umbauten überall erfolgt sind. Rollstuhlfahrer haben damit erhebliche Probleme und auch mit Kinderwagen benötigt man Hilfe.
Alle vier Minuten hält die S8, die Menschen wollen schnell ein- und aussteigen, aber es gibt weniger Türen und die Gänge sind enger. Der Komfort hat gelitten, die Sitze sind schmaler und es gibt weniger Sitzplätze. Wer steht, hat oft keine Möglichkeiten sich festzuhalten.
Die bisher unkomplizierte Fahrradmitnahme wird plötzlich zum ärgerlichen Glücksspiel. Die alten Wagen hatten am Anfang und am Ende ein Mehrzweckabteil, durchaus großzügig bemessen für Passagiere mit Rad. Festhalten war möglich, wenn auch nur an Handschlaufen.
In den neuen Waggons gibt es Türen mit Fahrradsymbolen, aber drinnen ist kein Platz, um das Fahrrad zu rangieren. Wenn bereits Fahrgäste dort sitzen oder sogar stehen, kommt mit dem Rad niemand mehr durch, steht vielleicht quer vor der Erste-Klasse-Tür. Oder man landet vor der Klotür und nervt reihenweise Mitfahrer, die aufstehen müssen, weil der Gang zum Fahrradabteil zu eng ist.
Neu sind auch die Fahrrad-Piktogramme – für mich sieht es aus wie „Fahrradfahrer wieder aussteigen“.
Ich fahre meist nach 8 Uhr, da sind die Bahnen nicht mehr komplett voll. So denn nicht mehrere ausgefallen sind und wenn keine Schulklassen mitfahren. Die abendliche Rückfahrt in der Rushhour lässt ahnen, wie voll es am Morgen zur Hauptreisezeit ist. Meine wenigen Stationen von MG-Lürrip bis Neuss meistere ich im Stehen, mein Rad dabei gerne im Blick, muss es aber oft umstellen, wenn es voll ist. Vielleicht kaufe ich ein Faltrad, dann könnte der Platz unter dem Mülleimer reichen.
Bahn und Fahrrad sind für mich und viele andere die ideale Kombination, um zur Arbeitsstelle zu gelangen. Aber viele, die das nur mal ausprobieren, erschrecken vor dem Gedränge und der notorischen Unpünktlichkeit. Mit den alten Wagons habe ich die S8 gerne anderen Radfahrern empfohlen, jetzt tue ich mich damit schwer.
Ich frage mich, warum so etwas passieren kann. Statt größerem Komfort, mehr Platz und Pünktlichkeit ein geplantes Chaos in übervollen Zügen. Wenn die Entscheidungsträger die alten mit den neuen Wagen vor der Anschaffung verglichen hätten (siehe Kasten), wäre dieses Desaster ausgeblieben.