Die Stadt, die schon seit Jahren dank vieler guter Einzelmaßnahmen als Kandidatin für eine Mitgliedschaft in der AGFS galt, hat es endlich auch geschafft. Nach einem einstimmigen Ratsbeschluss und einer zügig umgesetzten Bewerbung hat die Bereisungskommission am 6. Juni beschlossen, dem Verkehrsminister die Aufnahme von Neuss in die Arbeitsgemeinsachaft fahrradfreundlicher Städte zu empfehlen.
In den vergangenen Jahren hat die Stadt Neuss in Sachen Radverkehr eine durchaus beachtliche Entwicklung vollzogen. Mit der Berufung von Christoph Hölters zum Planungsdezernenten, der in Duisburg Shared Space und im Kreis Viersen die Fietsallee am Nordkanal konzipiert hatte, kamen neue, moderne Impulse. Der neue Bürgermeister Reiner Breuer hat schon bei seiner Amtseinführung deutlich gemacht, dass er dem Radverkehr hohe Priorität einräumen wird. Das war in Neuss nicht immer so, eine erste Bewerbung war vor vielen Jahren gescheitert. Seitdem gibt es das zweistufige Verfahren, bei dem den AGFS-Kandidaten nach einer Vorbereisung im kleinen Kreis die Gelegenheit gegeben wird, ihr Konzept nachzubessern. In aller Regel klappt es dann im zweiten Anlauf, so auch in Neuss.
Für Konsequenz und Mut gab es Punkte
Die Stadt erntete sogar audrückliche Anerkennung dafür, dass sie konsequent mit Fahrbahnmarkierungen nach ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen) arbeitet, dass sie auch den Fußgängerverkehr ernst nimmt und auf Barrierefreiheit achtet. Das F in AGFS steht ja nicht nur für das Fahrrad, sondern auch für den Fußgängerverkehr. Das fraktionsübergreifende Bekenntnis von Politik und Verwaltung zum Radschnellweg nach Düsseldorf war ein großer Pluspunkt, ebenso die Angebote für Umsteiger zwischen Rad und Bahn. Mit der Radstation am Hauptbahnhof und kostenlosen Fahrradboxen mit berührungslosem Zugangssystem, etwa am Bahnhof Norf, ist die Stadt gut aufgestellt. Besonders lobte die Kommission den Mut der Verwaltung, die Öffnung der Bergheimer Straße in Gegenrichtung für Radverkehr anzugehen. Mit dem von einem Sicherheitsaudit durch den Wuppertaler Experten Professor Gerlach begleiteten Werkstattverfahren habe die Stadt Vorbildstatus auf nationaler Ebene, ließ Peter London, der Sprecher der Auswahlkommission, durchblicken. Nicht zuletzt kam die Tatsache, dass der Bürgermeister an Bereisung und Fragerunde teilnahm und anwesende Politiker deutliche Bekenntnisse zum Radverkehr ablegten, sehr gut an.
Schwächen blieben nicht verborgen
Natürlich hatte die erfahrene Kommission auch eine ganze Reihe Schwachstellen bemerkt. So bemängelte man, dass in Neuss kaum Hinweise zu finden sind, ob eine Sackgasse für Radfahrer durchlässig ist. Und auch bei der Öffnung von Einbahnstraßen sieht man einigen Nachholbedarf, etwa bei der Königstraße. Liveerlebnis während der Bereisung: Eine schlecht gesicherte Baustelle auf der Kölner Straße. Die Verwaltung entschuldigte sich mit dem Hinweis auf die Unmöglichkeit lückenloser Kontrolle bei dünner Personaldecke. Ähnliches Problem beim Grünschnitt: Die Neusser Radwege müssten deutlich regelmäßiger von hineinwuchernden Sichthindernissen freige- schnitten werden, doch es gibt zu wenige Mitarbeiter. Negativ fielen auch die vielen Umlaufschranken und Poller auf und alte, zu schmale Radwege wie der an der Stresemann- allee in Höhe der Rennbahn.
Tu Gutes und rede darüber
Noch gänzlich unbeackert ist in Neuss die Öffentlichkeitsarbeit und die aktive Förderung des Fahrradtourismus. Hier sieht die Kommission erheblichen Nachholbedarf: Öffnung der Radstation am Wochenende, Integration des Niederrheinrads in den Neusser Fahrradverleih, ein Fahrradportal im Internetauftritt der Stadt und Kampagnen für die Nutzung des Fahrrads im Alltag. Bürgermeister Breuer kündigt hierzu schon mal an, dass die Stadt das kommende Jahr zum Jahr der Mobilität machen werde.
Ausblick
Die AGFS-Mitgliedschaft der Stadt wird dem Radverkehr in Neuss wichtige neue Impulse geben. Der ADFC wird darauf achten, dass dabei den Rad fahrenden Kindern und deren Eltern besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Denn im Schülerverkehr von heute wird das Mobilitätsverhalten der Verkehrsteilnehmer von morgen geprägt.
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