Als ich im vergangenen Jahr anfing, mich für ein Lastenfahrrad zu interessieren und mich auf niederländischen Gebrauchtmarkt umgeschaut hatte, staunte ich nicht schlecht, als dort der Name „Kemper-Velo“ auftauchte. Etwas weiter geforscht, stellte ich fest, dass auch deutschlandweit offensichtlich Kunden von der Manufaktur in Erkelenz-Grambusch begeistert sind, hierzulande noch mehr wegen der Pedersen-Räder.
Mikael Pedersen hat 1890 ein Fahrrad mit einem gewebten Hängesattel entwickelt, weil er mit dem Sitzkomfort damaliger Räder unzufrieden war. Damals nannte man die Fahrräder „Boneshaker“, was den Leidensdruck erklärt. Mikael Pedersen baute einen Rahmen nur aus Dreiecken, welcher bei minimalem Gewicht eine extrem hohe Stabilität erreicht.
Auf einem Besuch im Velorama, dem nationalen Fahrradmuseum der Niederlande in Nijmegen, sah Michael Kemper Ende der 80er Jahre erstmals ein altes Dursley-Pedersen-Rad und war direkt von der Ingenieursleistung begeistert. „Diese hohe handwerkliche Kunst, dieser Aufwand, der für durchdachte Detaillösungen getrieben wurde, diese schlichte Schönheit und überlegene Funktionalität.“ Das wollte Michael Kemper nachbauen und wieder auf die Straße bringen.
Durch den filigranen Rahmen und die vielen Lötstellen, ist die Herstellung dieser Räder aufwändiger als der Bau herkömmlicher Rahmen.
Da diese Räder individuell nach Kundenwunsch gebaut werden, ist es in der Philosophie der Manufaktur auch eine logische Konsequenz, dass diese auch individuell auf die Körpergröße angepasst werden.
Michael Kemper ist ein Perfektionist. Dementsprechend bleibt nicht aus, dass namhafte Fahrradhersteller bei der Rahmenkonstruktion auf seine Ideen und Kompetenz zurückgreifen. Die Individuelle Anpassung der Räder auf die Kunden ist nicht nur ihm eine Herzensangelegenheit, sondern leistet einen hochgradig integrativen Beitrag. Konnte schon der ein oder andere körperlich eingeschränkte Mensch durch die Hilfe der Manufaktur wieder auf das Verkehrsmittel und Sportgerät Fahrrad setzen. Ebenfalls war es ihm wohl ein Dorn im Auge, dass es kein passendes Fahrrad für ungewöhnlich große Menschen gibt. Dementsprechend hat er Big Wim bzw. Big Wilma entwickelt, die auf die besonderen Bedürfnisse großer Menschen eingehen. „Der Fahrer hat den Platz, den er braucht: Nach hinten hin stößt er mit den Fersen nicht an Packtaschen oder Kindersitz, nach vorne nicht mit den Fußspitzen ans Vorderrad oder mit den Knien an den Lenker.“
Mir haben die Individualität und Kompetenz in den Vorgesprächen gefallen. So wurde jedes Bauteil mit mir besprochen und nach meinen Wünschen und Vorstellungen ausgesucht. Der Rahmen entsprechend meiner Körpergröße gebaut, überzeugt genauso, wie das Preis- Leistungsverhältnis. Bei der Beratung über die möglichen Aufbauten kam ein weiteres erwähnenswertes Detail zum Tragen. Die Firma Kemper arbeitet stark mit der Firma Prospex gGmbH aus Heinsberg zusammen. Es handelt sich hier um eine Werkstatt für psychisch behinderte Menschen, denen der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ermöglicht werden soll. Die Firma Kemper Velo lässt dort die Holzkisten für die Transporträder bauen, bietet den Mitarbeitern Praktika in der Manufaktur an und nimmt die Dienstleistung der Firma bei Spezialarbeiten im Rahmenbau an. Integration und Liebe zum Detail wohin man schaut.