Muss es immer die Hüpfburg mit brummendem Kompressor sein, wenn man Kinder „bespaßen“ möchte? Der Geschicklichkeitsparcours des ADFC ist eine prima Alternative, und das Schöne daran: Man kann ihn mit einfachen Mitteln selber bauen und transportieren. Wir sprachen mit Judith Darteh aus Neuss, die den Parcours entwickelt hat.
Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr – dieses Sprichwort ist auch für das Radfahren gültig. Wenn schon die Jüngsten lernen, auf zwei Rädern das Gleichgewicht zu halten und die Umwelt zu beobachten, dazu Regeln zu beachten, werden sie später keine Probleme bekommen, sich im Straßenverkehr nicht nur zu behaupten, sondern sich dort auch wohl zu fühlen. Diesem Anliegen dient der Geschicklichkeitsparcours, den Judith Darteh von der Neusser Ortsgruppe des ADFC Rhein-Kreis Neuss nach und nach entwickelt und zusammengestellt hat.
Modularer Aufbau, leichter Transport
Ziel des Parcours ist es, Kinder zwischen zwei und zwölf Jahren spielerisch ihre motorischen Fähigkeiten ausprobieren und erweitern zu lassen. Das geht sogar schon auf dem Laufrad. Konzeptioniert ist er so, dass man alle Elemente aus leicht beschaffbaren Materialien selbst herstellen kann. Er enthält zahlreiche unabhängige Module, die man je nach Platzangebot und Zahl der Helfer einsetzen kann. „Wir haben mit einer einfachen Slalomstrecke mit Straßenhütchen, die unser Bauhof gespendet hat, angefangen“, berichtet Judith Darteh. Alternativ gibt es heute bunte Halbkugeln, die umfahren werden müssen. Um die Strecke spannender zu machen, kann man eine Wippe einbauen oder Streckenabschnitte mit Huckeln versehen. Diese können beispielsweise durch Holzstäbe oder Sand unter einem Teppich gestaltet werden. Eine Stopplinie lädt zu gezieltem Bremsen ein.
Übungen, die Spaß machen
Es gibt aber auch Koordinationsübungen, bei der die Kids während der Fahrt einen Ball aufnehmen und in einen Eimer werfen müssen oder einen Wasserbecher transportieren sollen – ohne Wasser zu verlieren, versteht sich. Dazu ist sicheres, einhändiges Fahren notwendig. Dieses kann geübt werden, wenn die Kinder im Kreis um eine Person fahren und dabei ein Springseil festgehalten wird. Idealerweise gehören zum Parcours auch einige Kinderräder und Kinderhelme zum Leihen sowie kindgerecht gestaltete Teilnahmebescheinigungen und Give-aways. Die ganze Ausrüstung für den Parcours kann man gut zum Veranstaltungsort transportieren. Sie findet in einem Fahrradanhänger Platz, informiert der ADFC. Das Foto auf der linken Seite zeigt die Grundausstattung für einen Parcours. Der Kinderparcours ist schon oft erfolgreich eingesetzt worden. Wie beim Familienfest auf dem Dycker Feld, dem Umweltmarkt in Neuss, dem Weltkindertag, bei der Düsseldorfer Sternfahrt und beim Mobilitätstag in Meerbusch-Büderich.
Do it yourself!
Aber im ADFC weiß man: Einmal üben reicht nicht. Besser wäre es, wenn es in Grundschulen, insbesondere der Offenen Ganztagsschule eine ähnliche Ausstattung gäbe, die die Kinder immer wieder benutzen können, um ihr Alltagsradeln zu schulen. „Die einzelnen Elemente kann man ganz leicht selber machen“, sagt Darteh. Das könnten auch Eltern machen, die Tipps dazu gibt es beim ADFC. Dann könnten sich die Kinder während der Bewegungsstunden auf dem Schulhof einen Parcours aufbauen und Spaß haben. Ohne große Mühe würden die Kinder lernen, ihr Rad zu beherrschen und das Rad als ein alltägliches Fortbewegungsmittel zu erleben. Zudem machen Kinder und Jugendliche beim Radfahren wichtige Erfahrungen als eigenständige Verkehrsteilnehmer. Der Aktionsradius und mit ihm die zu bewältigenden Verkehrssituationen nehmen stetig zu. So wird auch dem Trend entgegen gewirkt, dass die Kinder sich heutzutage zu wenig bewegen. Auch der Gedanke, die Umwelt durch ein Fortbewegungsmittel ohne Abgase zu schonen, kann so zur Selbstverständlichkeit werden.
Früh übt sich
„Ich weiß, dass immer wieder von Polizei und Lehrerschaft beklagt wird, dass die Kinder bei der Schulung zu sehr auf die oftmals noch nicht automatisierten motorischen Anforderungen achten müssen, so dass sie mit den verkehrlichen Anforderungen völlig aus dem Konzept geraten“, sagt Judith Darteh. Deshalb vertritt der ADFC die Auffassung: Schon vor der großen Polizeiverkehrsschulung in der dritten oder vierten Klasse sollten Kinder lernen, sicher Rad zu fahren!
Kommentar
Auf dem AGFS-Kongress 2014 in Essen stellte Dr. Achim Schmidt von der Sporthochschule Köln alarmierende Erkenntnisse vor: Der von Fernsehen und neuerdings auch Smartphone ausgelöste Bewegungsmangel hat die motorische Leistungsfähigkeit von Kindern innerhalb von 25 Jahren um zehn Prozent zurückgehen lassen – mit fatalen Folgen für die Gesundheit im Erwachsenenalter. Er fordert deshalb, dass öffentliche Aktivitäten zur Bewegungsförderung sich nicht nur auf E-Bikes und Senioren konzentrieren, sondern auch die Kinder in den Blick genommen werden. So sehen wir das auch im ADFC, und unser Parcours zum Nachbauen ist einer unserer Beiträge dazu. Mehr Infos unter www.adfc-neuss.de/parcours. (Heribert Adamsky)