VZ 721, der Grünpfeil für den Radverkehr, das am Niederrhein (fast) unbekannte Wesen

VZ 721: Grünpfeilschild mit Beschränkung auf den Radverkehr

VZ 721: Grünpfeilschild mit Beschränkung auf den Radverkehr

Seit April 2020 dürfen Grünpfeil-Schilder an Ampelkreuzungen Rechtsabbiegen für Radfahrende auch bei Ampel-rot erlauben. Die RaN hat bei den Kommunen am Niederrhein nachgefragt, wie weit sie mit der Umsetzung sind.

Etwas sperrig klingt die offizielle Bezeichnung „Grünpfeilschild mit Beschränkung auf den Radverkehr“ des Verkehrszeichen 721 schon. Der Sinn dagegen ist klar und einfach. Weniger unnötige rot-Sperren für Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen an Ampelkreuzungen soll es geben. Das war eine Idee der 54. Änderung zur Straßenverkehrsordnung (StVO) vom 28.04.2020.

In der Niederlanden gibt es diesen Grünpfeil seit Jahrzehnten, in Deutschland musste 2019 erst ein Pilotversuch erfolgen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) untersuchte im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums die Grünpfeilregelung in neun Städten und kam zu dem Ergebnis, dass andere Verkehrsteilnehmende nicht behindert oder gefährdet werden, auch wenn rechtsabbiegende Radfahrende flott durchfahren. Denn eigentlich müssten sie kurz anhalten, was aber völlig lebensfremd wäre und niemand weiß oder jemals tut. Vielmehr ist es in der täglichen Praxis eh üblich, dass Radfahrende auch wenn kein Grünpfeil dies regelt, bei roter Ampel rechts abbiegen, wenn die Situation es vor Ort erlaubt

In Düsseldorf beschloss just im Januar 2023 die schwarz-grüne Mehrheit im Ordnungs- und Verkehrsausschuss (OVA), dass Radfahrende bald an 200 von 600 Kreuzungen bei roter Ampel mit offizieller Erlaubnis nach rechts abbiegen können.

Bundesweites Aufsehen erregte die Landeshauptstadt zuletzt im März dieses Jahres mit einem Vorstoß zur Einführung eines Geradeauspfeils für Radfahrende an geeigneten Kreuzungen. Die Stadtverwaltung soll sich über die kommunalen Spitzenverbände beim Bund dafür starkmachen, auch den grünen Pfeil in Geradeausrichtung in die Straßenverkehrsordnung aufzunehmen.

In den weitaus meisten Kommunen am Niederrhein ist der Grünpfeil für Radfahrende dagegen noch ein eher unbekanntes Wesen. Eine Abfrage in zwei kreisfreien Städten, vier Kreisverwaltungen und 19 Gemeinden mit Straßenverkehrsbehörden ergab ein höchst tristes Bild. Fast nur weiße Flecken mit einer rühmlichen Ausnahme.

Grünpfeil VZ 721 an der Bahnhofstraße in Dormagen. Foto: Thomas Maria Claßen

Grünpfeil VZ 721 an der Bahnhofstraße in Dormagen. Foto: Thomas Maria Claßen

Die Stadt Dormagen mit gerade mal knapp 65.000 Einwohnern hat schon 2020, sofort nach Einführung des neuen Verkehrszeichens (da hatte es noch nicht mal eine Nummer), alle Lichtsignalanlagen (LSA) im Stadtgebiet überprüft. Die Grünpfeile für Radfahrer wurden daraufhin an allen zulässigen Kreuzungen mit LSA angeordnet.

Immerhin, die Stadt Neuss untersucht gerade 200 Standorte und bereitet eine politische Entscheidung dazu vor. Ansonsten Fehlanzeige auf ganzer Linie. In den Kreisgebieten lagen zur „Anordnung und Aufstellung von Grünpfeilen keine Daten“ vor, wurde „kein entsprechendes Verkehrszeichen angeordnet“, „bestehen keine Überlegungen, in absehbarer Zeit Grünpfeilschilder anzuordnen“ oder „sind nicht in Planung“.

In einer großen Stadt war „eine geplante Ausschreibung 2022 nicht rechtzeitig in die Wege geleitet und die dafür gebundenen Mittel daraufhin gestrichen worden“, in einer anderen wusste ein verantwortlicher Planer nicht einmal, ob es Grünpfeile in seiner Stadt gibt. Kleinere Gemeinden klagen über Straßenbaulastträger wie ihre Kreisverwaltung oder strassenNRW, mit denen schon oft erfolglos diskutiert wurde, oder kennen keine Ampelkreuzung an der Grünpfeile für den Radverkehr sinnvoll sein könnten.

Es scheint angesagt, dass der ADFC, nicht nur am Niederrhein, mal Dampf macht in Sachen VZ 721. – Und, ach ja, sechs Kommmunen verweigerten jede Stellungnahme.

Rechtliches

 

Das sagt die StVO in § 37

Nach dem Anhalten ist das Abbiegen nach rechts auch bei Rot erlaubt, wenn rechts neben dem Lichtzeichen Rot ein Schild mit grünem Pfeil auf schwarzem Grund (Grünpfeil) angebracht ist. Durch das Zeichen wird der Grünpfeil auf den Radverkehr beschränkt.

Wer ein Fahrzeug führt, darf nur aus dem rechten Fahrstreifen abbiegen. Soweit der Radverkehr die Lichtzeichen für den Fahrverkehr zu beachten hat, dürfen Rad Fahrende auch aus einem am rechten Fahrbahnrand befindlichen Radfahrstreifen oder aus straßenbegleitenden, nicht abgesetzten, baulich angelegten Radwegen abbiegen. Dabei muss man sich so verhalten, dass eine Behinderung oder Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere des Fußgänger- und Fahrzeugverkehrs der freigegebenen Verkehrsrichtung, ausgeschlossen ist.

https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__37.html

Das sagt die Verwaltungsvorschaift VwV-StVO (§ 37 XI)

Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung in der gültigen Fassung vom 08.11.2021 regelt umfassende Details, die den Rahmen dieses Beitrag sprengen würden.

https://verwaltungsvorschriften-im-internet/…

 

 

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