Elektrisch mit mehr Pep und Power!

E-Bikes sind in diesem Frühjahr auf der Überholspur, Bosch bietet beim Antrieb den asiatischen Marktführern die Stirn, und die radelnde E-Klientel wird immer jünger.

Es bewegt sich etwas ganz gewaltig im Fahrradmarkt: 2011 wird das Jahr der E-Bikes werden! So sehen das die Fahrradhändler in der Region, so lesen sich die Zahlen des Zweirad-Industrie-Verbandes (ZIV). Dort hatten die Auguren Anfang des vergangenen Jahres noch 180.000 Elektroräder fürs Gesamtjahr prognostiziert. Diese Zahl musste aber nach sechs Monaten bereits deutlich nach oben auf über 200.000 korrigiert werden.

ebike_diagnose_IMG_9504_1200Die Hoffnung auf die „Stromer“ ist groß beim Handel am Niederrhein: Kai Birkenstock vom gleichnamigen Neusser Fachhandel geht davon aus, dass die Verkaufszahlen in seiner Firma in diesem Jahr erheblich steigen werden: „Wir gehen für 2011 von einer Verdoppelung des Umsatzes bei den E-Bikes aus.“ Ähnlich sieht das auch Bettina Oberländer in ihrem Shop in Neuss-Gnadental: „Seit drei Jahren steigt das Interesse am E-Bike kontinuierlich. In dieser Saison hoffen wir auf über zehn Prozent Verkaufsanteil.“ Ins gleiche Horn stößt auch Ute Kreideweiß von Fahrräder Boecker in Dormagen: „Immer mehr Business-Leute steigen aufs E-Rad, um ohne Schweißflecken zur Arbeit nach Düsseldorf zu kommen. Auch werden die Räder immer sportlicher, die radelnde Klientel jünger.“

Ein Blick zurück: Während bei uns das E-Rad erst seit wenigen Jahren entdeckt wird, ist es in den Alpenländern Österreich und Schweiz seit jeher ein beliebtes Fortbewegungsmittel. Ebenso sieht es bei unseren holländischen Nachbarn aus. Die haben zwar keine Berge, aber offensichtlich immer Gegenwind. In Deutschland hingegen kauften in der Vergangenheit eher ältere Menschen mit Beschwerden, die sich elektrische Erleichterung bei der Zweirad-Mobiliät verschaffen wollten, ein Pedelec (E-Bikes, die nur fahren, wenn in die Pedale getreten wird). Damit war zunächst einmal das Image für jüngere Zielgruppen ruiniert. Dann aber kamen die berufstätigen Pendler hinzu, die täglich viele Kilometer per Rad zurücklegten und nach kräftiger Unterstützung am Berg, bei Wind, Wetter sowie Gegenwind suchten. Auf einmal saßen dann Anzugträger auf dem Rad, die transpirationsfrei und lässig zum Schreibtisch gelangen wollten.

Diese schleichende Verjüngung der Zielgruppen wollen Hersteller und Handel nun verstärken. Wer also im Frühjahr 2011 in seinen Radladen geht, wird sich wundern, mit wie viel Pepp moderne E-Tourenräder heute daherkommen. Und auch ganz Neues gibt es zu bewundern: Topmoderne futuristisch anzusehende E-Bikes für die Stadt und E-Crosser für die Ausfahrt über Stock und Stein. Kai Birkenstock formuliert das allseits erhobende „Prinzip Hoffnung“ so: „Wir haben die Mittelschicht im Blick, die über ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein verfügt, Sprit sparen, aber auch Spaß haben will.“

Mehr Volt für mehr Ausdauer

Und damit der Spaß nicht zu kurz kommt, gibt es spannende Entwicklungen, die nun in den Läden stehen: Die Antriebe sind noch leistungsstärker und vor allen Dingen ausdauernder geworden. Ging den Akkus bislang in der Regel und je nach Beanspruchung zwischen 40 und 70 Kilometer die Puste aus, sind heute über 100 Kilometer Fahrstrecke drin. Unter Idealbedingungen bei uns im Flachland schaffen Mutige auch 130 Km – dann darf’s aber nicht über die Vollrather Höhe gehen! Patrick Meyer, Werkstattmeister bei Oberländer, erläutert den Leistungszuwachs: „Die Antriebshersteller steigen vermehrt von 26 auf 36 Volt um. Durch die höhere Spannung steigt die Wattstundenzahl. Das Ergebnis: Aus dem Akku bekomme ich etwa zehn Prozent mehr Energie heraus.“ Mann, waren das noch Zeiten, als Zweirad-Mechaniker noch nicht Elektriker sein mussten. Und heute sind sie mehr als das. Dank komplexer Software, die den Antrieb steuert, sitzt der Meister heute immer häufiger vor dem PC, der per Diagnosestecker mit dem Rad verbunden ist. Schöne neue Fahrrad-Welt!

Das Gros der Antriebe kommt heutzutage aus Asien. Marktführer ist der japanische Panasonic-Konzern. Kein Wunder also, dass im „Land der aufgehenden Sonne“ pedalgetriebene Hybridfahrzeuge heute das Straßenbild beherrschen. Im Land des ersten serienmäßigen Hybridautos, dem Prius, sterben die reinen muskelbetriebenen Räder langsam aus. Doch es gibt neue Hoffnung, denn die Asiaten erhalten nun ernsthafte Konkurrenz aus deutschen Landen: Bosch als einer der weltweit größten Kfz-Zulieferer setzt aufs Fahrrad und baut einen eigenen kompletten Antrieb. Das sind doch „Good news“ aus „Good old Germany“.

Technik hin, Optik her – was treibt die Leute aufs Elektro-Rad? Klar, da war doch was mit „immer Rückenwind“ und so. Und man ist schneller unterwegs, kommt unverschwitzt an, steckt nie mehr auf der Rheinbrücke im Stau. Bettina Oberländer erklärt den positiven Trend so: „Der E-Motor ist eine psychologische Hilfe. Ich weiß, dass ich im Notfall immer eine zuverlässige Unterstützung habe.“ Ihr Mitarbeiter formuliert es so: „Du kannst den Leuten eine halbe Stunde lang die Vorteile eines Pedelec erklären – lass‘ sie einfach fahren. Und sie kommen mit einem lächelnden Gesicht zurück.“

Kostenvergleich

  • Anschaffung E-Bike: 1.700 €
  • Spritkosten / 100 km: 0,14 €
  • täglicher Arbeitsweg: 20 km
  • mal 250 pro Jahr: 5000 km
  • macht in 6 Jahren: 30 000 km

Radkosten in 6 Jahren: Rad (1.700 €) + neuer Akku (600 €) + 42 € „Spritkosten“ + Inspektion u. Verschleißteile in 6 Jahren (600 €) = 2.942 €
Autokosten in 6 Jahren (für einen Kleinwagen laut ADAC): 30.000 x 0,30 €/km = 9.000 €

Besonders deutlich wird der Spareffekt beim Blick auf die Spritkosten über den Zeitraum: Beim Auto liegen sie bei 2.100 € (5 Liter Diesel/100 km bei 1,40 €/l). Beim Rad bei 42 €! Oder 7 € zu 0,14 € pro 100, also 50 Mal höher beim Kleinwagen!

Sparen kann ja so viel Spaß machen! Und für die gesparten 1.000 € pro Jahr lässt sich manch schöne Radreise buchen 😉

Dieser Beitrag wurde unter Ausgabe 1 / 2011, Technik veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert