Im Herbst rief der ADFC zum sechsten Mal gemeinsam mit dem Bundesverkehrsministerium auf, an der bundesweiten Umfrage zum Fahrradklima-Test teilzunehmen. Über 100.000 Bürgerinnen und Bürger haben dieses Angebot angenommen und das Fahrradklima in ihrer Stadt oder Gemeinde bewertet. Als „mangelhaft“ wurde die kommunale Fahrradförderung, der Zustand der Radwege sowie die Ampelschaltungen bewertet. Die Ergebnisse wurden am 19. Februar 2015 in Berlin präsentiert.
Zu den fahrradfreundlichsten Städten Deutschlands gehören demnach mal wieder die Städte Münster, Karlsruhe und Freiburg. Die Stadt Wuppertal zählt zu den Aufholer-Städten, da sie sich im Vergleich zum ADFC-Fahrradklima-Test 2012 mit am stärksten verbessert hat.
Wir möchten an dieser Stelle näher auf die Ergebnisse der Städte und Kreise des linken Niederrheins eingehen:
Rhein-Kreis Neuss
Das Fahrradklima in der Stadt Neuss hat sich im Vergleich zur letzten Befragung von 3,7 auf 3,9 verschlechtert und ist im Ranking deutlich abgesackt. Unter den Städten mit 100.000 bis 200.000 Einwohnern liegt Neuss in NRW jetzt nur noch auf Rang 8 von 13 (2012: 3 von 15), bundesweit auf Rang 21 von 37 (2012: 9 von 42). Besonders unzufrieden sind die Neusser Radfahrer damit, dass die Stadt zuwenig für das Radfahren wirbt und dass es kein öffentliches Leihradsystem gibt. Unterdurchschnittlich wurden neben den Ampelschaltungen auch der Zustand und die Behandlung der Neusser Radwege bewertet: Schlechte Oberfläche, fehlende Reinigung und fehlender Winterdienst, mangelhafte Kontrolle von Falschparkern.
Die beste Platzierung im Kreis unter den Städten mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern erreichte Dormagen (Note 3 – Platz 5 von 100) vor Meerbusch (Note 3,4 Platz 17 von 100) und Grevenbroich (Note 3,5 – Platz 19 von 100). In Meerbusch fiel die Bewertung des Winterdienstes positiv aus der Reihe. Kein Wunder, die Stadt hat dafür eine Vereinbarung mit den ortsansässigen Landwirten abgeschlossen.
Die kleineren Städte Korschenbroich (Note 3,7 – Platz 149 von 292) und Kaarst (Note 4 – Platz 216 von 292) mussten herbe Verluste hinnehmen. Erstmals in die Wertung kamen die Landgemeinden Rommerskirchen und Jüchen. Rommerskirchen landete mit einer Note von 3,1 und Platz 39 von 292 auf Anhieb weit vorne im Feld der kleineren Kommunen. Jüchen (Note 3,5 – Platz 118 von 292) belegte einen Mittelplatz.
Fazit: Mit 1275 Teilnehmern war die Beteiligung am Fahrradklima-Test im Rhein-Kreis Neuss besonders hoch, und erstmals kamen alle acht Kommunen des Kreises in die Wertung. Das zeigt, wie groß das Interesse der Bevölkerung am Radfahren ist. An den Bewertungen lässt sich gut ablesen, wie ernst es eine Kommune mit dem Radfahren meint: Dormagen und Rommerskirchen sind Mitglieder in der AGFS und landeten in ihren Kategorien weit vorne. Öffentlich bekannte und systematisch gepflegte Farradfreundlichkeit zahlt sich eben aus. Das sollten sich die Verwaltungen in Neuss und Grevenbroich zu Herzen nehmen und endlich einen Aufnahmeantrag in die AGFS stellen.
Mönchengladbach
Das Sorgenkind der Region ist und bleibt wieder einmal Mönchengladbach. Mit der Note 4,5 belegte man im bundesweiten Vergleich unter den Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern nur den vorletzten Platz (38 von 39). Nur Wiesbaden schnitt noch schlechter im bundesweiten Vergleich ab. Im Landesvergleich belegt man sogar den letzten Platz und zählt somit zu den fahrradunfreundlichsten Großstädten im Land. Entnervt sind Mönchengladbachs Radfahrerinnen und Radfahrer vor allem von der Qualität der Radwege und den mangelhaften Kontrollen von Falschparkern auf Radwegen. Lichtblicke gab es bei der guten Erreichbarkeit der Stadtzentren und der Erkenntnis, dass die Gladbacher trotz schlechter Bedingungen gerne Fahrrad fahren, was die überdurchschnittlich hohe Beteiligung (554 Teilnehmer) am Fahrradklima-Test belegt.
Auch wenn die Stadt nun die nächsten Jahre mit diesem Makel leben muß, gibt es doch bereits positive Ansätze. Immer mehr Radfahrer vernetzen sich (z. B. 200 Tage Fahrradstadt, ADFC Mönchengladbach, Verkehrswende Mönchengladbach) und der Bau der Radstation am Mönchengladbacher Hauptbahnhof wurde beschlossen. Die Politik hat den Handlungsbedarf erkannt und reagiert. So wurde die Verwaltung kürzlich beauftragt, einen Masterplan Nahmobilität umzusetzen, der u. a. die Öffnung vieler Einbahnstraßen in Gegenrichtung und die Überprüfung der Benutzungspflicht vorsieht. Auch die Planung eines umfangreiches Radwegenetzes ist in Arbeit. Die lokale Presse greift diese Themen immer wieder gerne auf und berichtet hierüber regelmäßig. Insgesamt herrscht eine positive Grundstimmung in Mönchengladbach. Der ADFC Mönchengladbach ist davon überzeugt, das man in den nächsten Jahren einen großen Schritt nach vorne machen wird und blickt zuversichtlich in die Zukunft.
Krefeld
Auch Krefeld hat sich nicht mit Ruhm bekleckert. Mit der Note 4,1 belegt man Platz 31 unter den Städten mit mehr als 200.000 Einwohnern. Bei der letzten Befragung belegte man noch Platz 28. Das kann und darf uns nicht ausreichen, insbesondere weil die Akzeptanz des Fahrrads als Verkehrsträger bei den Krefeldern besonders hoch ist und in NRW nur vom bundesweiten Gesamtsieger Münster getoppt wird. Eine konsequente Modernisierung und eine verbesserte Anbindung an die Radverkehrsnetze des Umlands dürfte die Fahrradnutzung noch weiter steigern. Die Verdreifachung des – zuletzt allerdings stark reduzierten – Etats für die Radwegeunterhaltung im Haushaltsentwurf ist ein richtiger Schritt. Auch die geplante Krefelder Promenade könnte ähnlich wie die Wuppertaler Nordbahntrasse den Radverkehr voranbringen.
Das Potential zur Steigerung des Radverkehrsanteils ist in Krefeld noch lange nicht ausgereizt. Der Stadtrat und der in diesem Jahr neu zu wählende Oberbürgermeister müssen die Weichen für eine umweltfreundlichere Nahmobilität stellen.
Kreis Viersen
Die Stadt Viersen belegt mit der Note 4,0 nur den 70. Platz (von 100) unter den Städten mit 50.000 – 100.000 Einwohnern. Auch hier ärgern sich die Radfahrer über zu viele schlechte Fahrradwege. Besonders gut hat man dagegen bei der Radwegweisung und der Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer abgeschlossen.
Dafür dürfen sich aber die übrigen Städte im Kreis Viersen über gute Ergebnisse freuen. Kempen (Platz 20 von 292) und Willich (Platz 16 von 100) belegen hervorragende Plätze in ihrer Stadtgrößenkategorie. Auch Brüggen (Note 3,1 – Platz 38 von 292), Nettetal (Note 3,4 – Platz 87 von 292), Grefrath (Note 3,4 – Platz 95 von 292) und Tönisvorst (Note 3,6 – Platz 127 von 292) nahmen an dem Fahrradklima-Test teil und können sich mit ihren Ergebnissen sehen lassen.
Durch verschiedene Kampagnen hat der ADFC erfreulicherweise eine sehr hohe Beteiligung an dieser Befragung erreicht. Im Fahrradklimatest 2012 war nur Kempen vertreten, diesmal sind 7 von 9 Gemeinden/Städten in der Wertung gekommen. Die Ergebnisse wird der ADFC beim nächsten „Arbeitskreis Rad im Kreis Viersen“ vorstellen, die Schwachstellen genau analysieren und versuchen, die Mängel in Zusammenarbeit mit der Verwaltung zu beheben. Einer der Schwerpunkte für die kommenden Jahre muss die Sanierung der maroden Radwege an vielen Landstraßen sein.
Kleve/Emmerich
Das Klima für Fahrradfahrer in Kleve und Emmerich ist eher durchschnittlich. Kleve bekam unter den Städten kleiner 50.000 Einwohner die Note 3,7, Emmerich 3,4. Grundsätzlich fühlen sich die Radfahrer hier nicht sicher. Hindernisse wie Baustellen, schlechte Ampelschaltungen und parkende Autos auf Radwegen machten ihnen das Leben schwer. Emmerich und Kleve waren die einzigen Städte im Kreis Kleve, wo die statistisch erforderliche Mindestteilnehmerzahl erreicht wurde.
Weitere Informationen zu allen Ergebnissen des ADFC-Fahrradklima-Test 2014 finden Sie unter www.fahrradklima-test.de