Snelfietsrouten gibt es in den Niederlanden seit 2006
Was in Deutschland hauptsächlich für Autobahnen gilt, wird bei unseren Nachbarn längst auch für Fahrradrouten angewandt. Gastautor BART CHRISTIAENS, Fietserbond-Mitglied und Inhaber des Planungsbüros Tibs für nachhaltige Mobilität im niederländischen Breda, berichtet.
In den Niederlanden wird immer mehr, schneller und über größere Entfernungen Rad gefahren. Es besteht großer Bedarf, die Fahrrad-Infrastruktur so zu optimieren, dass der Radverkehrsfluss und die Sicherheit für Fahrradfahrer verbessert wird.
Radschnellwege sind qualitativ hochwertige, direkt geführte und leistungsstarke Verbindungen zwischen Kreisen, Kommunen, Gewerbegebieten und innerhalb städtischer Räume oder in das Umland von Städten. Sie wurden und werden gebaut, um das Potenzial des Radverkehrs unter Berufspendlern zu steigern und, um den motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren. In den letzten Jahren wird auch mehr die gesundheitliche Bedeutung von Radschnellwegen gesehen.
Für die Stadt- und Verkehrsplaner bieten Radschnellwege die Chance für neue Raum- und Verkehrsstrukturen, -politik und -marketing. Radschnellwege haben ein sehr positives Kosten- Nutzen-Verhältnis, niedrige Baukosten im Vergleich zu Autostraßen und positiven Effekte für Gesundheit, Klima, Luftqualität und Lärmreduzierung. Die Kosten pro Kilometer Radschnellweg liegen zwischen 0,5 und 2 Millionen Euro, abhängig dabei von der Notwendigkeit, Brücken und Tunnel zu bauen oder auch Grundeigentum zu erwerben. Die meisten Radschnellwege in den Niederlanden haben heute eine Länge von 15 bis 20 Kilometer. Durch das Aufkommen von Speed-Pedelecs werden zukünftig auch längere Strecken entstehen. Mehrere Kommunen werden verbunden, wie beispielsweise mit dem F35 zwischen Enschede, Hengelo und Almelo, parallel zur A35. Die Nummerierung ist kein Zufall, wenn es passt, erhalten unsere Radschnellwege die gleiche Ziffer wie eine nahe Autobahn.
Radverkehrspolitik seit den Fünfzigern
Seit den 1950er-Jahren wird in den Niederlanden verstärkte Radverkehrspolitik gemacht, Straßen in Städten, Dörfern und über Land fahrradfreundlich umgestaltet. Neben Hauptverkehrsstraßen wurden Fahrradwege gebaut und auf anderen Straßen, auf denen viele Radfahrer unterwegs sind, Fahrradstraßen, -streifen oder -schutzstreifen angelegt. Auch sind viele separate Fahrradstrecken realisiert worden. Im Laufe der Jahre hat das die Unfallstatistik mit Radfahrern stark verbessert.
2006 hat Verkehrsministerin Karla Peijs das Projekt Fileproof (denglisch etwa Staucheck, Anmerkung der Redaktion) ausgeschrieben, um intelligente und innovative Ideen zur Staureduzierung zu entwickeln. Der Fietsersbond, unser niederländischer ADFC, hatte als Idee den Bau von Radschnellwegen vorgeschlagen. Das Ministerium hat viele Autoprojekte aufgenommen, aber auch die Planung von fünf neuen Radschnellwegen finanziert. In 2008 stellte das Parlament zehn Millionen Euro zur Verfügung, um zwei Radschnellwege zu realisieren und zwischen 2009 und 2015 21 Millionen für 15 weitere Routen. Auch Provinzen, Kommunen und Städteregionen haben viele Millionen investiert, um gemeinsam die ersten 300 Kilometer Radschnellwege möglich zu machen. Zeitgleich wurden einheitliche Standards für Radschnellwege entwickelt und festgelegt.
Fünf General-Anforderungen
Wie alle wichtigen Fahrradstrecken müssen niederländische Radschnellwege fünf Anforderungen erfüllen: Direktheit, Attraktivität, Komfort, Verkehrssicherheit und Zusammenhang. Der letzte Punkt ist für Radschnellwege sehr wichtig. Die Verbindung von Kommunen, Gewerbe- und auch Erholungsgebieten muss schlüssig sein und die bauliche Ausführung muss von A bis Z einheitlich sein, vom Boden bis zur Beschilderung.
An der Planung und dem Bau von Radschnellwegen sind immer mehrere Behörden beteiligt. Diese Behörden haben viele gleiche Ziele, was Mobilität und Radverkehrspolitik ausmacht, aber auch eigene und unterschiedliche Interessen. Damit ein Radschnellweg möglich wird, müssen alle Behörden am Konzept mitarbeiten, es politisch unterstützen und intensiv zusammenarbeiten, verteilt finanzieren und bauen, dann aber auch vermarkten. Die zentrale Koordination und ein perfektes Prozess-Management in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe sind dabei wichtig.
Es genügt nicht einen Radschnellweg „nur“ zu bauen. Die Vermarktung ist genauso wichtig, auch die Förderung durch Unternehmen. Man kann einem Radschnellweg einen Namen und ein eigenes Logo geben und eine Kampagne mit attraktiven Aktivitäten starten. Damit haben wir in den Niederlanden sehr gute Erfahrungen gemacht. Nur zehn Kilometer vor der deutschen Grenze, im limburgischen Venlo entstand der Greenportbikeway, eine neue Pendlerstrecke.
Der Greenportbikeway
Strecke: 11,5 km vom Venloer Gewerbegebiet Greenport bis Horst-Sevenum Planungsbeginn: 2010
Fertigstellung: 2015
Gesamtkosten: 5,6 Millionen Euro
Website: www.greenportbikeway.nl
Tour-Exkursion:
Die Leser der RaN haben am 17.04.2016 Gelegenheit zu einer geführten Exkursion per Rad. ANMELDUNG bis 8. April erforderlich: touren@ADFC-MG.de
Sonntag, 17. April, Treffpunkt 10 Uhr Bahnhof Venlo
Rad-Exkursion Radschnellweg
Greenportbikeway Venlo/NL
30 km, leicht, (15-18 km/h)
Geführte Tour über die neue 11,5km-Snelfietsroute von Venlo nach Horst-Sevenum. Organisiert vom ADFC und Fietserbond in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Venlo, dem Planungsbureau Kragten und dem Fahrradplanungsbureau Tibs. Vor und während der Tour gibt es Erläuterung zu Planung, Bau, Fertigstellung und Nutzung der Strecke in deutscher Sprache. Zeitplan und weitere Details auf Facebook.
Angebot zur gemeinsamen Heimfahrt
Zurück nach Mönchengladbach
Ca. 40 km, mittel, (19-21 km/h)
Durch den landschaftlich schönen Naturpark Schwalm-Nette geht es über autoarme feste Wege wieder nach Mönchengladbach.
15:00 Uhr, Stadthafen Venlo, Havenkaade
Tourenleiter: Thomas M. Claßen